Fraktionsvorstand veröffentlicht Haushaltsrede 2022

Die GRÜNE Fraktion hat sich in Dinslaken im Jahr 2020 komplett neu aufgestellt und ist dank des großen Vertrauens der Dinslakener Bürger*innen bei der Kommunalwahl zu einer Fraktion gewachsen, die im Rat grüne Interessen kompetent vertritt und mit den entsprechenden Mehrheitsfindungen voranbringt.

Nachdem wir GRÜNE im letzten Jahr 2021 den von der Verwaltung in Dinslaken eingebrachten Haushaltsentwurf konsequent in allen Ausschüssen beanstandet haben, weil er erstens nicht vollständig und zweitens intransparent war, wurde er nach dem Einschreiten der Kommunalaufsicht dann im Dezember 2021 von der Tagesordnung genommen. Uns hat erstaunt, dass andere Fraktionen im letzten Jahr einem Haushalt zustimmen wollten, bei dem der Planung für 2022 keine Ist-Zahlen aus den vorherigen Jahren, sondern nur die Haushaltsansätze gegenübergestellt wurden. Außerdem konnte der Stellenplan nicht rechtzeitig vorgelegt werden. Auch in den Jahren zuvor war die Haushaltsführung der Kämmerei, vorsichtig ausgedrückt, verbesserungsfähig.

Erfreulicherweise hat die Stadt nach dem  Einschreiten der Kommunalaufsicht des Kreises ihre Hausaufgaben gemacht und uns im März 2022 die Zahlen von 2019 und 2020 für die Verabschiedung des Haushaltes zur Verfügung gestellt. Damit kann die Politik nun einen Beschluss über den Haushalt fassen und die Handlungsfähigkeit der Stadtverwaltung aufrecht erhalten. Der Beschluss des Haushalts 2022 schafft den Rahmen, um die großen Herausforderungen vor Ort in Dinslaken anzugehen. Er schafft Planungssicherheit über die anstehenden Investitionsvorhaben in die öffentliche Infrastruktur und ermöglicht einen möglichst schnellen Abbau des angefallenen Investitionsstaus, wie er aus dem jüngsten Bericht der Stadtverwaltung zu den noch nicht ausgeführten Beschlüssen ersichtlich wurde. Hier sehen wir die Stadtverwaltung in der Pflicht, die beschlossenen Aufträge konsequent abzuarbeiten. Nur wenn auch umgesetzt wird, was die Fraktionen im Stadtrat gemeinsam beschließen, erfüllt die Verwaltung ihren Auftrag gegenüber den Bürger*innen unserer Stadt. Wenn dafür Ressourcen fehlen, muss dies klar artikuliert werden, damit die Politik die notwendigen Kapazitäten bereitstellen kann. Gleichzeitig ist es dringend geboten, die offenen Stellen in der Verwaltung endlich zu besetzen.

Was ist uns GRÜNEN wichtig und was “kann” dieser nun vorgelegte Haushalt?

Die knapp 40 im Rahmen des Stellenplans 2022 neu zu schaffenden Stellen sollen in der Verwaltung Bereiche aufwerten und ausbauen, damit die künftigen Aufgaben einer modernen Verwaltung zu leisten sind. Das ist aus unserer Sicht vor allem der Bereich der Nachhaltigkeit, und wir freuen uns, dass die Stabsstelle nun mehr Personal erhalten soll, um Dinslaken “wetterfest” zu machen. Auch der Prozess der Digitalisierung muss dringend in Gang gebracht werden, um Verwaltung und Bürger*innenservice zu professionalisieren und transparenter zu gestalten. Mit der Einrichtung der Stabsstelle Digitalisierung ist hier der erste Schritt getan. Wir fordern die anderen Fraktionen auf, bei der Besetzung der bereits beschlossenen Stellen nicht weiter auf der Bremse zu stehen und die Sperrvermerke bzgl. der Stellenbesetzung aufzuheben. Corona hat unter anderem gezeigt, dass Homeoffice eine neue Arbeitsdimension und damit auch Potenziale wie weniger Bedarf an Arbeitsplätzen vor Ort oder eine Verbesserung der digitalen Infrastruktur mit sich bringt. Die Kommunikation innerhalb der Verwaltung und zwischen Öffentlichkeit und Verwaltung muss modernisiert und die Zugänge erleichtert werden. Dabei ist gleichzeitig darauf zu achten, dass die Teilhabe Aller sichergestellt wird.

Der neue Ausschuss für Digitalisierung versucht, genau diese Schnittstellen anzupassen und zu optimieren.

Die neuen Personalstellen werden auch in den Bereichen ausgeschrieben, in denen neue Aufgaben anfallen oder eine Entlastung des Personals geboten ist. Nun liegt es im Verantwortungsbereich der Verwaltung, diese neuen Stellen zeitnah zu besetzen. Die Zahl von 19 in 2021 nicht besetzten Stellen zeigt, dass die Verwaltung ihr Profil als sichere, soziale, familienfreundliche und flexible Arbeitgeberin weiter schärfen muss, um im Wettbewerb um Fachkräfte auf dem modernen Arbeitsmarkt bestehen zu können. Wir GRÜNE sehen hier erhebliches Verbesserungspotenzial und werden uns mit weiteren Initiativen für die Stadt als eine attraktive Arbeitgeberin stark machen.

Was wollen wir GRÜNE für Dinslaken erreichen und was braucht dieser Haushalt noch? 

Allerdings müssen wir realistisch bleiben, denn die aktuellen Zahlen führen uns erneut vor Augen, dass finanziell wenig Spielraum besteht, z.B. die Attraktivität der Verwaltung durch eine Höherdotierung von  Stellen zu steigern. Nachdem das Haushaltsjahr 2019 mit einem Fehlbetrag von € 3,1 Mio. geschlossen hat, hat sich der Fehlbetrag im ersten Jahr der Pandemie auf € 5,2 Mio. ausgeweitet. Somit ist die allgemeine Rücklage der Stadt seit 2012 kontinuierlich auf nunmehr € 269,5 Mio. abgeschmolzen. Zwar lag dieses Ergebnis trotz der Auswirkungen der Pandemie um € 6,2 Mio. über dem Plan; das langfristige Ziel eines ausgeglichenen Haushalts liegt jedoch in weiter Ferne. Denn auch der nun vorliegende Haushaltsentwurf schließt mit einem geplanten Jahresfehlbetrag von € 10,1 Mio., was zu einem weiteren Abschmelzen der Rücklage führen wird. Wir GRÜNE setzen uns für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik ein und wollen das seit einem Jahrzehnt ununterbrochene Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben endlich durchbrechen.

Das heißt, unser Handlungsspielraum in Dinslaken ist nicht groß und bedeutet gleichzeitig, dass wir in jedem Sinne sparsam mit unseren Ressourcen umgehen müssen. Um mit den Haushaltsmitteln zukunftsorientiert umgehen zu können, erwarten wir von unserer künftigen Kämmerin / unserem künftigen Kämmerer ein transparentes und nachvollziehbares Zahlenwerk. Die aktuellen Haushaltsberatungen haben vor Augen geführt, wie groß der Verbesserungsbedarf im Bereich des Controlling ausfällt. Dies zeigt sich nicht nur in der erheblichen Verzögerung bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse und der häufig verspäteten Bereitstellung von Unterlagen, die eine politische Entscheidungsfindung massiv erschweren. Wir haben uns im abgelaufenen Jahr 2021 mit einer ersten Initiative zur Verbesserung der Transparenz und der Steuerung im immer bedeutsamer werdenden Bereich der kommunalen Beteiligungen erfolgreich für einen Public Corporate Governance Kodex eingesetzt, der sich aktuell in Arbeit befindet. Nun werden wir gemeinsam mit der Stadtverwaltung und den anderen Ratsfraktionen in einen gemeinsamen Prozess einsteigen, um die Nachvollziehbarkeit der Haushaltsunterlagen zu verbessern. Hierbei werden wir die aktuelle Praxis zum Ausweis von Vergleichszahlen und zur Erläuterung von wesentlichen Veränderungen einzelner Positionen in den Lageberichten zu den Produkten kritisch hinterfragen. Auch in Bezug auf ein integriertes Personalkonzept freuen wir uns auf einen konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten, der uns in die Lage versetzen soll, die Personalentwicklung bei der Stadtverwaltung mit Blick auf die Herausforderungen des demographischen Wandels und den sich wandelnden Anforderungen an Aufgaben nachhaltig zu gestalten. Hier hoffen wir auch auf neue Impulse durch die neuen Beigeordneten im Verwaltungsvorstand.

Viele Konzepte und konkrete Pläne haben Politik und Verwaltung auf die Agenda genommen: Handlungskonzept Wohnen, Masterplan Grün, Innenstadtentwicklung, Entwicklung des Zechengeländes oder die weitere Schulgebäudesanierung, um nur einige zu nennen. Aus unserer Sicht stehen diese Konzepte zur Zeit nebeneinander und sind nur nachhaltig umsetzbar, wenn es eine gemeinsame Linie gibt. Wir können nicht Gewerbeflächen und Wohnraum entwickeln, ohne den Masterplan Grün im Auge zu behalten. Wir müssen Bedarfe im Rahmen eines Monitorings immer wieder anpassen, um nicht daran vorbei zu planen und zu bauen. Gerade im Bereich Gewerbe und Büroflächen ist es mit Blick auf die sich verändernde Berufs- und Produktionswelt unabdingbar, nachhaltig und in die Zukunft denkend zu planen. Wir müssen Flächen erhalten und nicht erst versiegeln und dann für große Summen wieder entsiegeln; wir müssen  Rotbach und Emscher als blaue Adern in unserer Stadt entwickeln und Freiräume für Natur und Mensch erhalten und neue schaffen. 

Im Bereich Kultur haben wir im Stadtrat gemeinsam mit den anderen Fraktionen mit dem Kulturfonds, der Sicherung des Erhalts der Zechenwerkstatt oder dem Kulturentwicklungsprozess, aber auch der Eventplanung für Ehrenamtler*innen wichtige Impulse für die Stadt setzen können. Bedauerlich finden wir, dass die guten Angebote des Fachdienstes Kultur zum Teil nicht den Rücklauf bekommen, den sie verdient haben. Hier hoffen wir auf eine weitere Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit und Verbreitung der Angebote, um die Ticketverkäufe zu erhöhen.

Auf sportlicher Seite begrüßen wir u.a. die Einigung zu Fitnessparcours im Outdoorbereich, die erfolgreiche Bewerbung für die Teilnahme als Gaststadt für die Special Olympics World Games 2023 und die Mediation und die Einigung der Lohberger Vereine. Hier sollte die Politik, aber vor allem auch die anderen betroffenen Vereine allerdings zukünftig besser eingebunden werden.

Bei weiteren Investitionen oder Investitionszuschüssen wie der Flutlichtanlage am Hockeyplatz, zur Errichtung eines Vereinsheims an der Voerder Straße oder der Klärungen der Finanzierungen in Bezug auf die Eissporthalle für den Vereins- und Schulsport haben wir im Rat wichtige Meilensteine in den letzten Monaten gesetzt.

Im Bildungsbereich begrüßen wir unter anderem die Entscheidungen zum Medienentwicklungsplan, den Verzicht auf die Erhebung der Elternbeiträge in den Bereichen Kindertageseinrichtungen, der Kindertagespflege und im Offenen Ganztag und die mühsame, aber wichtige Einigung in Bezug auf die Luftreinigungsgeräte und Luftfilteranlagen für die Schulen unserer Stadt. Ohne die großartige Beteiligung der Schulpflegschaften und der Stadtgesellschaft wäre dieser Prozess sicherlich nicht möglich gewesen.

Mit Blick auf eine sozial gerechte Stadt gehen wir hoffnungsvoll in die Weiterentwicklung des Familienbüros, der Besetzung der offenen Stellen und die weiteren Akquirierung von Fördermitteln. Hier hat Dinslaken bisher eine gute  Rolle gespielt. Auch durch die Mitgliedschaft im Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ und der klaren Bereitschaft zur Aufnahme afghanischer Ortskräfte und anderer Schutzbedürftiger, wie nun auch im Kontext des Angriffskrieges in der Ukraine, nimmt Dinslaken bundesweit eine Vorreiter*innenrolle ein.

Wir blicken mit großer Hoffnung und Vorfreude in die Zukunft von Dinslaken, denn mit Michaela Eislöffel haben wir eine Bürgermeisterin mit den Stimmen von GRÜNEN und CDU gewählt, mit der wir GRÜNE gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten können, und die sich mit Herz und Verstand und ganzer Kraft für Dinslaken einsetzt.

Mit großer Vorfreude schauen wir heute auf die Wahl von Dr. Tagrid Yousef. Hier haben die GRÜNEN in Dinslaken zum ersten Mal die Möglichkeit gehabt, aktiv eine Beigeordnete für den Geschäftsbereich Bildung, Kultur, Freizeit, Sport und Europa, Jugend und Soziales vorzuschlagen, die aus unserer Sicht ein großer Gewinn für Dinslaken sein und jede Menge neue Ideen, Themen und Sichtweisen einbringen wird.

Auf dem Weg zu einer modernen Kommunalpolitik ist es uns wichtig zu erwähnen, dass der Rat mit der Neubildung von Ausschüssen wichtige Eckpfeiler und Schwerpunkte für die Zukunft gesetzt hat. Neben dem Thema Digitalisierung haben nun auch u.a. die Themen Bürger*innenbeteiligung, Europa, Tourismus und Nachhaltigkeit an Bedeutung gewonnen. Dies zeigt, dass mehr GRÜN im Stadtrat wirkt. Dieser Weg sollte nun konsequent weitergegangen und die bereits beantragte digitale Übertragung der Ratssitzungen endlich umgesetzt werden.

Grundsätzlich wollen wir an dieser Stelle für die weitgehend konstruktive Zusammenarbeit der Fraktionen im Dinslakener Stadtrat und für die vielen gemeinsam gestellten Anträge und gefundenen Kompromisse danken. Der rege Austausch, trotz der schwierigen Umstände durch die Pandemie, zeigt uns, dass die Kommunalpolitik in Dinslaken sehr gut aufgestellt ist und es jederzeit eine gute Basis für eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung in unserer Stadt gibt.

Wir werben auch in diesem Jahr wieder für eine Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit und die gegenseitige Einbindung bei der Formulierung von Anträgen und den Austausch im Vorfeld zu Fachausschüssen und Ratssitzungen. So können wir auch weiterhin mit neuen Ideen und Impulsen neue Wege gehen und die Zukunft Dinslakens gemeinsam gestalten.

Dem Haushalt für das Jahr 2022 stimmt die GRÜNE Fraktion im Rat der Stadt Dinslaken zu.

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