Auf Antrag von Niklas Bonacker und Niklas Graf von der Basisgruppe der GJ in Dinslaken beschloss die GJ NRW auf ihrer Landesmitgliederversammlung im Juli 2018 folgende Positionierung:
Im Zuge der Forderungen nach einer erfolgreichen und ökologischen Verkehrswende setzt sich die Grüne Jugend NRW für ein neues Gesamtkonzept für den Flugverkehr in Nordrhein-Westfalen, Deutschland und der Europäischen Union ein. Ziel unseres Verbandes ist es eine gesamtgesellschaftliche Debatte über den Beitrag des Flugverkehres zur Klimaerwärmung anzustoßen und diesen wichtigen Faktor aus dem Schattendasein des Diskurses herauszuholen. Wir müssen uns kontrovers mit der Frage auseinandersetzten wie wir negative Auswirkungen von Personen- und Transportflugverkehr minimieren können.
Umweltschädliches Verhalten darf nicht weiter subventioniert werden. Die steuerliche Bevorzugung im Flugverkehr beläuft sich allein in Deutschland auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr. Die ungerechten Steuerprivilegien gehören als Teil einer ökologischen Finanzreform abgeschafft. Nach jahrzehntelangen bundespolitischen Vorstößen zur Erhebung einer Kerosinsteuer soll diese nun endlich eingeführt und sich zusätzlich für eine Regelung auf europäischer Ebene eingesetzt werden. Eine bundesweite Regelung soll sich am Beispiel der Niederlande orientieren und nicht nur dann eingeführt werden, wenn es ebenso eine europäische Regelung geben wird. Die Landesregierung NRW soll dazu Vorschläge im Bundesrat initiieren oder unterstützen.
Weltweit beschloss allein die EU den Flugverkehr in den Emissionsrechtehandel miteinzubeziehen. Allerdings wurden außereuropäische Fluggesellschaften nicht verpflichtet daran teilzunehmen, weil diese damit drohten den europäischen Luftraum zu boykottieren. Die Grüne Jugend NRW findet, dass dies nicht mehr hinnehmbar ist, eine Revision dringend geboten ist und es ein effizientes CO2-Zertifikate-System für den gesamten Europäischen Luftraum geben muss. Die Höhe der Preise für die Zertifikate soll sich an den Klimafolgeschäden orientieren. Des Weiteren setzt sich die Grüne Jugend NRW für eine Klimaabgabe für Fluggesellschaften ein, um einen Beitrag für nachhaltige Mobilität zu leisten. Diese könnten beispielsweise in einen Kompensations-Fond eingezahlt werden. Daneben wird es ebenso zentral sein Projekte zur CO2-Kompensation zu intensivieren und klimaschädliche Emissionen auszugleichen.
Das Pariser Klimaabkommen hat den Flugverkehr ausgenommen. Die Grüne Jugend NRW findet dies skandalös und fordert ein internationales Klimaabkommen für die Luftfahrt.
Die Welthandelsorganisation (WTO) hat die EU-Subventionen an Airbus als illegal eingestuft. Dabei geht es um Wettbewerbsverzerrungen durch Förderungen von nationalen Regierungen und EU-Zuwendungen, welche dadurch Produktionskosten und Marktpreise künstlich reduzieren. Solch ein Urteil sollte nicht wieder zustande kommen können. Die Grüne Jugend NRW spricht sich daher entschieden gegen Anschubfinanzierungen und Kostenübernahmen für den konventionellen Flugverkehr aus.
Ebenso werden überflüssige Regionalflughäfen durch Millionensubventionen künstlich am Leben gehalten, welche teilweise auch die kommunalen Haushalte unnötig stark belasten. Die Grüne Jugend NRW fordert daher eine nachhaltige Bedarfsplanung für das Flughafennetz, welche Überkapazitäten, Lärm- und Klimaschutz aber auch Entwicklungspotenziale und mögliche Synergie- und Einsparungsmöglichkeiten in multimodalen Transport- und Logistikzentren konsequent berücksichtigt. Bis dahin fordert die Grüne Jugend NRW einen Stopp des Ausbaus von Flughäfen in Nordrhein-Westfalen und der Bundesrepublik Deutschland.
Im Kontext des Personenverkehrs fordert die Grüne Jugend NRW demgegenüber ein modernes und hochfrequentiertes Nachtzugnetz für ganz Europa, um Reisenden eine nachhaltige Alternative zum Fliegen innerhalb Europas zu ermöglichen. Schnellbahn- und Regionalbahnstrecken müssen grenzüberschreitend besser vernetzt und ausgebaut sein. Gerade für Nordrhein-Westfalen soll dabei auf eine weiter verbesserte Anbindung an die Benelux-Staaten und Frankreich geachtet werden.
Die Grüne Jugend NRW begrüßt die verschiedenen ökologisch ausgerichteten Forschungszweige im Luft- und Raumfahrtbereich und fordert mehr staatliche Zuwendungen für diesen Sektor. Beispielhaft sind die Forschungen zu rein biologischem Algen-Kerosin und den Versuchen durch Hybridflugzeuge den Treibstoffverbrauch um weitere 20 bis 40 Prozent zu reduzieren. Die Grüne Jugend NRW fordert, dass nur Projekte mit nachhaltigen Forschungsansätzen gefördert werden. Als Vorbild sehen wir unter anderem Norwegen, welches nach dem ökologischen Umdenken bei Autos, Fähren und Frachtschiffen nun angekündigt hat auch auf elektrisches Fliegen bis 2040 umstellen zu wollen. Eine vollständige Elektrifizierung für urbane Ultrakurz-, sowie altbekannte Kurz- und Mittelstreckenflüge ist dabei die oberste Priorität für die Grüne Jugend NRW. Ohne Elektro-Antriebe wird es nicht gelingen, die CO2-Belastung in einem ausreichenden Maße zu verringern. Eine komplett-elektrisch betriebene Flugzeugflotte ist wünschenswert, aber gerade bei Langstreckenflügen nur mit sehr großen Anstrengungen vorstellbar. Realistisch ist es zunächst bei Kurz- und Mittelstrecken die Flugzeuge schrittweise auszutauschen und die Erneuerung der Flotte, welche in Europa mehrere zehntausend Maschinen umfasst, als eine Generationenaufgabe zu verstehen. Dabei gilt es zunächst regionale Flugverbindungen umzustellen und bei der urbanen Flugmobilität der Zukunft schon zu Beginn auf eine vollständige Elektrifizierung zu setzen. Als Beispiel mit Vorbildcharakter denken wir an elektrifizierte Lufttaxis von welchen erste Modelle bereits für den deutschen Flugraum zugelassen sind. In der längerfristigen Perspektive spricht sich die Grüne Jugend NRW für multi-modulare Konzepte aus und befürwortet die Zusammenlegung von Bahnhöfen und weitgehend klimaneutralen Flughäfen als Drehkreuze, welche beispielsweise über Kapselmodelle den Schienen- und Flugverkehr kombinieren können.
Der Flugverkehr wie er heute technisch realisiert wird ist nicht zukunftsfähig und gefährdet das Leben auf der Erde. Ob es in der Zukunft vollständig klimaneutralen Flugverkehr geben wird ist trotz zahlreicher Fortschritte und Pilotprojekte völlig offen. Das Risiko für das Leben auf der Erde ist zu hoch um allein auf technologischen Fortschritt zu hoffen. Daher bedarf es eines kulturellen Umdenkens in unserer Art und Weise zu reisen. Die Grüne Jugend NRW setzt sich daher für einen Bewusstseinswandel ein. Flugreisen ans andere Ende der Welt sind mit dem heutigen Stand der Technik nicht möglich ohne diese zu zerstören. Überall wo es möglich ist sollte es unser gesamtgesellschaftliches Ziel sein klimaschädlichen Flugverkehr zu vermeiden.
Beschluss der Landesmitgliederversammlung vom 15. Juli 2018 in Mönchengladbach.
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